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Technologie

Kraftpaket für neues Leistungslevel

Mit dem Generator für die leistungsstärkere E-175 EP5 schlägt ENERCON ein neues Kapitel seiner Technologie- und Produktstrategie auf. Der Permanentmagnet-Generator mit innovativem Teilungskonzept erhöht die Nennleistung des ENERCON-Topmodells in der Standardkonfiguration auf 7,0 MW und bietet darüber hinaus dank eines zukunftsgerichteten Designs weiteres Potenzial für künftige Turbinengenerationen.

Beim Puzzeln gibt es den Moment, ab dem sich die einzelnen Teile fast wie von selbst zusammenfügen und das Gesamtbild auch für Außenstehende klar erkennbar wird. Bei ENERCONs Technologie- und Produktstrategie verhält es sich ähnlich. Parallel zur Neuausrichtung des Unternehmens hat das Team der Forschung & Entwicklung konsequent ENERCONs Technologie- und Produkt-Roadmap vorangetrieben und Schritt für Schritt neue Technologien in die Serie gebracht: unter anderem die E-Gondel mit integrierter E-Technik, effiziente Leistungselektronik für den speziellen Anwendungsbereich Onshore Wind, eine intelligente Anlagensteuerung für die EP3- und EP5-Plattform und vieles mehr.

Mit dem Generator für die leistungsstärkere E-175 EP5 schlägt ENERCON ein neues Kapitel seiner Technologie- und Produktstrategie auf.

Bei ENERCONs Topmodell E-175 EP5 werden die einzelnen Elemente erstmals alle zusammengefasst. Das Gesamtbild vervollständigt sich mit der Vorstellung des neuen Generators für die E-175 EP5 – einer weiteren entscheidenden Technologiekomponente aus ENERCONs Technologie- und Produkt-Roadmap. Der Permanentmagnet-Generator erhöht die Nennleistung von ENERCONs Flaggschiff auf 7,0 MW.

Größere Nennleistung für E-175 EP5

Eine hohe Nennleistung war eine der Hauptanforderungen an das Entwicklungsteam, sagt Matthias Bartsch, Leiter der Generatorentwicklung bei ENERCON. „Wir fahren den Generator in der Standardkonfiguration mit 7,0 MW, was im Vergleich zur Basisversion der E-175 EP5 mit 6,0 MW ein erhebliches Leistungsplus darstellt. Außerdem ermöglicht die größere Leistung signifikant höhere Energieerträge.“

Um in Verbindung mit ENERCONs bewährtem Direct Drive-Konzept und der niedrigen Drehzahl des Anlagenrotors auf dieses Leistungslevel zu kommen, verfolgten die Entwickler das Ziel, den Luftspaltdurchmesser zu maximieren. Als Luftspalt wird der nur zentimeterbreite Zwischenraum zwischen feststehendem Generatorteil – dem Stator – und dem drehenden Teil – dem Rotor – bezeichnet. Der Luftspaltdurchmesser ist somit der Durchmesser dieses Luftspalt-Kreises. Je größer der Durchmesser ist, desto stärker wird das Drehmoment des Generators. „Wir benötigen ein möglichst hohes Drehmoment, um bei der geringen Drehzahl des Rotors hohe elektrische Leistungen zu erzielen“, erklärt Matthias Bartsch. „Wir haben den neuen Generator daher als sogenannten Außenläufer konstruiert.“

Außenläufer für größeren Luftspalt-Durchmesser

Anders als bei ENERCONs bisherigen Generatortypen befindet sich der Generator-Stator bei einem Außenläufer innenliegend, während der Generator-Rotor außen um den Stator herum rotiert. Der Luftspaltdurchmesser vergrößert sich auf diese Weise von 5,50 Meter beim Generator der Basisversion auf 9,50 Meter beim Generator der stärkeren E-175 EP5.

„Ein weiterer Vorteil des Außenläufer-Designs ist, dass wir den Rotorgurt dank der Permanentmagneten verhältnismäßig schmal halten können. Auch die Aktivteil-Länge können wir um fast die Hälfte verkürzen. Das wirkt sich entscheidend auf die Materialeffizienz aus: Wir reduzieren die benötigte Magnetmasse ebenfalls um mehr als 40 Prozent“, erläutert Bartsch.

Transportoptimiertes Design

Ein weiterer maßgeblicher Faktor für die Festlegung der technischen Spezifikationen war die Transportfähigkeit. Um die Auslieferung der Generator-Komponenten zur Baustelle möglichst effizient darzustellen, wurden niedrige Transportgewichte und maximale Abmessungen im zulässigen Bereich für Großraum- und Schwertransporte ohne Polizeibegleitung angepeilt. „Uns war klar, dass wir den Generator teilbar konstruieren müssen. Komplett lässt sich ein solches Bauteil nicht auf der Straße befördern“, sagt Bartsch. „Die Grenze für Transporte ohne Polizeibegleitung liegt in Deutschland bei einer Breite von 4,99 Meter. Dadurch ergab sich für den neuen Generator ein maximaler Gesamtdurchmesser von 9,90 Meter.“

Das Gesamtgewicht des Generators beträgt 124 Tonnen, sodass jede Hälfte lediglich 62 Tonnen wiegt. „Der Transport zur Baustelle kann somit per Standard-Schwertransport erfolgen. Auch bei der Installation sind wir nicht auf Spezialequipment angewiesen“, fügt Bartsch hinzu. „Die Montage der Generator-Teilkomponenten kann auf der Baustelle mit Standard-Aufbaukränen der 750-Tonnen-Klasse durchgeführt werden.“

Optimierte Transportfähigkeit: Die Entwickler orientierten sich an den zulässigen Transportgewichten und maximalen Abmessungen im Bereich für Großraum- und Schwertransporte ohne Polizeibegleitung

Effizientes Teilungskonzept

Die technischen Details der Generator-Teilung bleiben aus Wettbewerbsgründen vorerst noch geheim. Zur Veranschaulichung des Teilungskonzepts beschreiben die Ingenieure lediglich die einzelnen Schritte: Der neue Generator wird im Werk komplett montiert – Stator und Rotor –, justiert, geprüft und arretiert. Danach wird die Komponente geteilt und in zwei Hälften zur Baustelle transportiert. Die Hälften bestehen dabei bereits jeweils aus zusammengesetztem Stator und Rotor. Nach Installation des Maschinenhauses wird auf der Baustelle zunächst der untere Teil des Generators montiert, anschließend der obere Teil. Im dritten Schritt erfolgt die Montage von Lager und Nabe. Zuletzt wird die Arretierung von Rotor und Stator entfernt.

„Ein weiterer Vorteil dieses Konzepts ist, dass die Teilkomponenten auf der Baustelle zunächst nur mit einer Minimalverschraubung gesichert werden müssen, um die erforderlichen Kranzeiten gering zu halten“, erläutert Matthias Bartsch. „Die finale Verschraubung führt das Installationsteam anschließend ohne Hilfe des Aufbaukrans aus dem Inneren der Anlage heraus durch.“

Nicht zuletzt bietet das neue Konzept Vorteile für den Service während der Betriebsphase. „Die Wartungsfreundlichkeit erhöht sich“, sagt Bartsch. „Service-Monteure begeben sich beim Wartungseinsatz durch den feststehenden Teil in den vorderen Bereich der Turbine und können durch den Maschinenträger und Generator bis in die Nabe laufen. Auch in der Komponente ist für Wartungseinsätze mehr Platz und Subkomponenten wie Lüfter sind leichter zugänglich. Das verbessert auch die Arbeitssicherheit.“

„Proof of concept“ erfolgreich absolviert

Während sich die Serienversion des neuen Generators derzeit im fortgeschrittenen Entwicklungsstadium befindet, hat das Entwicklungsteam bereits einen Technologieträger einem umfangreichen Testprogramm unterzogen. Im Rahmen des „proof of concept“-Prozesses hat dieser Generator auf ENERCONs Großkomponenten-Prüffeld in Aurich sowie auf dem Teststand des Fraunhofer IWES in Bremerhaven zahlreiche Testreihen erfolgreich durchlaufen. Dabei wurden die Leistung des Generators bis an dessen thermische Grenzen hochgefahren, verschiedene Leistungskurven im Betrieb erprobt und das gesamte Generatorverhalten validiert. Außerdem war die Optimierung des Netzverhaltens und der netzdienlichen Eigenschaften der Generator-Umrichter-Kombination ein Testthema.

„Dieses umfangreiche Test- und Validierungsprogramm, das wir demnächst mit dem seriennahen Generator-Prototyp der neuen Evolutionsstufe fortsetzen werden, gehört zu unseren umfangreichen Maßnahmen, um für unsere Kunden beim Serienprodukt ‚ENERCON Qualität‘ sicherzustellen“, sagt ENERCON CTO Jörg Scholle.  

Nachhaltigkeitsaspekte betrachtet

Da ENERCON auch im Entwicklungsprozess verstärkt Nachhaltigkeitsaspekte betrachtet, diente der Technologieträger darüber hinaus zur Erprobung von End-of-Life-Verfahren. Seltene Erden, aus denen die Magnete hergestellt werden, sind ein wertvoller Rohstoff, der beim Rückbau von Windturbinen wieder in entsprechende Materialkreisläufe gelangen sollte. Die Entwicklungsmannschaft untersuchte daher am Technologieträger ein Verfahren, wie die im PM-Generator verbauten Magnete wieder aus dem Rotor separiert werden können. ENERCON beschreitet den Weg, die aufgezeigten Prozesse mit Industriepartnern zu konkretisieren.

Zukunftsgerichtetes Konzept

Die Entwickler sind nicht nur stolz, mit dem neuen Generator die Leistung des ENERCON-Topmodells E-175 EP5 auf ein nochmals höheres Level zu heben. Sie haben damit noch mehr vor, wie ENERCON CTO Jörg Scholle andeutet: „Wir verfolgen beim Außenläufer-Generator ein zukunftsorientiertes Design. Das neue Generatorkonzept macht die E-175 EP5 zu einem höchst attraktiven Produkt für unsere Kunden in wettbewerbsintensiven Märkten – umso mehr in Verbindung mit der neu verfügbaren Nabenhöhe von 175 Meter. Dadurch vergrößern sich auch ihre Vorteile bei der Direktvermarktung, für die unsere E-175 EP5 ohnehin schon sehr gut geeignet ist, wie Marktanalysen zeigen. Unabhängig von der E-175 EP5 bietet das Generatorkonzept noch jede Menge Potenzial für zukünftige Turbinengenerationen und wachsende Kundenanforderungen.“